10 Nov

Förderung der Problemlösungsfähigkeit als Therapie, für mehr psychische Gesundheit und Resilienz – mit praktischer Anleitung

Problemlösung als Weg zu psychischer Entlastung und mehr Optimismus

Oft sind die realen Probleme des Lebensalltags eine Hauptursache für psychische Belastungen und Krankheiten, die sich durch unterschiedlichste Symptome bemerkbar machen können.

Ein Weg zur psychischen Entlastung kann sein, unsere Einstellungen, Überzeugungen und Gedanken im Zusammenhang mit unseren Problemen so zu verändern, dass wir sie als weniger belastend empfinden. Diese Vorgehensweise kann vor allem dann wichtig werden, wenn wir selbst momentan keinen oder nur wenig Einfluss auf eine Situation haben und eine Lösung des Problems nicht in unserer Hand liegt.

Ein weiterer, effektiver Weg zur Entlastung kann sein, systematisch realistische Lösungen für unsere Probleme zu entwickeln, Lösungsstrategien zu planen und diese dann schrittweise praktisch umzusetzen. So werden reale Probleme und damit auch ihre belastende Wirkung abgebaut. Oft genügt aber schon allein das Bewusstsein, einen realistischen Plan für die Lösung von Problemen entwickeln zu können, um Ängste effektiv abzubauen, Sorgen und negative Gedankenkarusselle zu stoppen und mit frischer Hoffnung positiver und selbstbewusster in die Zukunft schauen zu können. Je höher die Problemlösungskompetenz, desto größer ist oft das Gefühl von Kontrolle und Sicherheit, was zu mehr Gelassenheit führen kann.

Gezielte Förderung der Problemlösungsfähigkeit in der Psychotherapie

Die gezielte Förderung der Problemlösungsfähigkeit wird im Rahmen verschiedener psychologischer Interventionen und Therapieverfahren angewandt. So gehört sie beispielsweise zu den Standartinterventionstechniken der Kognitiven Verhaltenstherapie (cognitive behavioral therapy, CBT).

Die Entwicklung und Förderung der Problemlösungsfähigkeit wird außerdem als eigenständiges Therapieverfahren, Problemlösungstherapie (problem-solving therapy, PST) genannt, genutzt.

Als Vorteile dieser Interventionstechnik im therapeutischen Rahmen werden Pragmatismus, Effektivität und die Einfachheit des Erlernens aufgezählt (vgl. Pierce, 2012).

Wirksamkeit der Förderung von Problemlösungsfähigkeit als Therapieverfahren

Problemlösungstherapie hat sich u.a. bei folgenden psychischen Krankheitsbildern und Symptomen als wirkungsvolle Therapieform erwiesen:

  • Depression (Bell & D’Zurilla, 2009; Mynors-Wallis et al., 1995; Mynors-Wallis et al., 2000).
  • Angststörung (Mynors-Wallis, 2005; Seekles et al., 2011).
  • Selbstverletzendes Verhalten und Suizidalität (Hatcher et al., 2018).
  • Hoffnungslosigkeit (Hatcher et al., 2018).
  • Drogenmissbrauch (Sorsdahl et al., 2015).
  • Posttraumatische Belastungsstörung (Bedford et al., 2017).
  • Chronischer Stress

Problemlösungstherapie kann außerdem eine große Hilfe für Betroffene in belastenden Lebens- und Krisensituationen, wie z.B. Verlust der Arbeitsstelle, Tod eines geliebten Menschen, Probleme in Ehe und Familie, Scheidung, finanzielle Not etc., sein.

Entwickle deine Problemlösungsfähigkeit: Eine praktische Anleitung

Im Folgenden habe ich dir eine grundlegende und einfache Strategie für einen systematischen Abbau von belastenden Problemen zusammengefasst:

Schritt 1: Liste alle dich belastenden Probleme auf und bewerte sie jeweils als entweder „lösbar“ oder „unlösbar“. Als „unlösbar“ gelten jene Probleme, auf die du mit deinen momentan zur Verfügung stehenden Ressourcen wenig oder gar keinen Einfluss hast.

Schritt 2: Wähle ein „lösbares“ Problem aus, mit dem du beginnen möchtest. Achte darauf, dass du zu Beginn der Entwicklung deiner Problemlösungsfähigkeit ein Problem auswählst, das dir als einfach bzw. lösbar genug erscheint, um es relativ einfach und schnell reduzieren zu können. Mit fortschreitender Entwicklung deiner Fähigkeiten und Ressourcen können dann mit der Zeit immer schwierigere Probleme angegangen werden. Sei dir bewusst, dass die Möglichkeit, Probleme effektiv lösen zu können, auch mit unseren momentanen Fähigkeiten, Stärken und Ressourcen zusammenhängt. Gib dir selbst die notwendige Zeit und die Chance, zu wachsen und in deiner Problemlösungsfähigkeit stärker zu werden. Dies bedeutet nicht, im Angesicht deiner Probleme untätig zu bleiben. Momentan eventuell fehlende Ressourcen und Stärken können gezielt gesucht, gefunden und entwickelt werden.

Schritt 3: Analysiere das ausgewählte Problem. Welche seiner Aspekte kannst du beeinflussen und/ oder kontrollieren? Ist es einfacher, das Gesamtproblem in kleinere Teilprobleme aufzuteilen, die man dann eines nach dem anderen bearbeiten kann? Denke daran, wie man einen Elefanten verspeist: Stück für Stück, Happen für Happen.

Schritt 4: Brainstorme und überlege dir so viele Lösungsoptionen für dein Problem, wie möglich. Bewerte diese Lösungsoptionen und Strategien noch nicht, sondern sammle und notiere nur. Ziehe dabei nicht nur deine persönlichen Stärken und Möglichkeiten in Betracht, sondern ebenfalls externe Ressourcen, die dir in der Gesellschaft, in der du lebst, durch deine Mitmenschen und durch Institutionen zur Verfügung stehen könnten. Nimm dir für diesen Schritt Zeit, um in Ruhe nachdenken zu können. Du kannst zusätzlich ein wenig recherchieren und die Ideen anderer, eventuell erfahrenerer Menschen nutzen. Es ist oftmals erstaunlich, wie enorm viele realistische Optionen wir sammeln können, wenn wir es nur einmal ernsthaft angehen.

Schritt 5: Bewerte die gesammelten potenziellen Lösungsoptionen und Strategien. Was sind Vor- und eventuelle Nachteile der jeweiligen Option? Wie realistisch und einfach ist sie umsetzbar? Wie effektiv und hilfreich ist sie voraussichtlich? Wähle dann die für die Lösung deines Problems besten Lösungsoptionen und Strategien aus. Es können eine oder mehrere Optionen sein.

Schritt 6: Erstelle einen Aktionsplan. Mit welcher Lösungsoption beginnst du? Was ist der erste, praktische Schritt? Was sind die nächsten Schritte? Wie und wann genau wirst du die Schritte deiner Lösungsstrategie praktisch ausführen? Notiere Datum und Uhrzeit sowie den konkreten Schritt. Nutze dafür Hilfsmittel, wie z.B. Kalender, Tabelle, Wochenplaner, Erinnerungsfunktion etc. Bitte -wenn notwendig- eine Person darum, dich zu erinnern. Der erste Schritt ist der Wichtigste. Nehme ihn ernst. Tue ihn.

Schritt 7: Überprüfe deinen Erfolg. Hast du dich an deinen Plan halten können? Wenn nein: warum nicht? Was war die Schwierigkeit? Was kannst du tun, um ihn zukünftig besser einzuhalten? Wenn ja: welchen Effekt hatte der Schritt auf dich und/ oder das Problem? Gehst du in eine gute und positive Richtung? Bist du der Lösung des Problems näher gekommen? Wie groß ist die Entlastung, die du erfahren hast? Was hast du für deinen nächsten Schritt gelernt?

Solltest du bei der Lösung deiner Probleme allein nur schwer oder gar nicht weiterkommen, wende dich möglichst an einen kompetenten Therapeuten oder Berater. Auch sie sind eine (oftmals wichtige) Ressource, die du nutzen kannst.

Bedenke außerdem: Übung macht den Meister. Viel Erfolg!

C. Muhammad Kasprowicz

contact@mindwise-coaching.com

 

Quellen:

Bell, A., & D’Zurilla, T. (2009). Problem-solving therapy for depression: a meta-analysis. Clinical Psychology Review (pp. 348-353).

Hatcher, S., Sharon, C., Parag, V., & Collins N. (2011). Problem-solving therapy for people who present to hospital with self-harm: Zelen randomised controlled trial. British Journal of Psychiatry (pp. 310-316)

Bedford, L. A., Dietch, J. R., Taylor, D. J., Boals, A., & Zayfert, C. (2017). Computer-guided problem-solving treatment for depression, PTSD, and insomnia symptoms in student veterans: a pilot randomized controlled trial. Behavior Therapy 49(5), (pp. 756-767).

Mynors-Wallis L. (2005) Problem solving treatment for anxiety and depression: a practical guide. Oxford University Press

Mynors-Wallis, L. M., Gath, D. H., Day, A., & Baker, F. (2000). Randomised controlled trial of problem solving treatment, antidepressant medication, and combined treatment for major depression in primary care. BMJ.

Mynors-Wallis, L. M., Gath, D. H., Lloyd-Thomas, A. R., & Tomlinson, D. (1995). Randomised control trial comparing problem solving treatment with Amitryptyline and placebo for major depression in primary care. BMJ.

Pierce, David (2012). Problem solving therapy Use and effectiveness in general practice. Australian Family Physician (pp. 676-679)

Seekles, W., van Straten, A., Beekman, A., van Marwijk, H., & Cuijpers, P. (2011). Effectiveness of guided self-help for depression and anxiety disorders in primary care: a pragmatic randomized controlled trial. Psychiatry Research (pp. 113-120).

Sorsdahl, K., Stein, D. J., Corrigall, J., Cuijpers, P., Smits, N., Naledi, T., & Myers, B. (2015). The efficacy of a blended motivational interviewing and problem solving therapy intervention to reduce substance use among patients presenting for emergency services in South Africa: A randomized controlled trial. Substance Abuse Treatment, Prevention and Policy

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